Vortragsabend des deutsch-italienischen Freundeskreises Bensheim – Riva del Garda

Ivana Nolli-Meyer, Vizepräsidentin der Dante-Gesellschaft Heidelberg. Bild: Freundeskreis

Der deutsch-italienische Freundeskreis Bensheim – Riva del Garda hatte kürzlich Ivana Nolli-Meyer als Referentin zu Gast. Die Vizepräsendentin der Dante-Gesellschaft Heidelberg sprach im Pfarrzentrum von St. Georg über das Thema „Italien, deine Frauen“.

Nolli-Meyer ging auf wichtige Gesetze im Rechtswesen in den ersten 40 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg in Italien ein. Sie verwies auch auf die veränderte Rolle der Frauen in der italienischen Gesellschaft bis heute. So war es zum Beispiel Absicht, durch Gesetze eine Anpassung an neue Strukturen zu erreichen: Kleinfamilie ersetzt die patriarchalische Großfamilie oder unter Berücksichtigung der Unterschiede von Land zu Stadt.

Die Fachfrau stellte einige der Vorkämpferinnen exemplarisch vor und erwähnte markante Meilensteine: Am 10. März 1946 erhielten Italienerinnen volles Wahlrecht, 1948 erfolgte die rechtliche Verankerung der Gleichstellung von Frauen und Männern, 1950 wurde das erweiterte Mutterschutzgesetz verabschiedet. Der Wirtschaftsboom forcierte ein neues, umfängliches Familienrecht. Die Reformen initiierte Nilde Jotti, deren Rolle die Referentin näher ausführte: Jotti war Mitglied im „Ausschuss der 75“, der für die Ausarbeitung des Verfassungsentwurfs zuständig war, sie gilt als eine der „Mütter“ der republikanischen Verfassung.

Ab 1963 galt das Verbot der Entlassung von Frauen aufgrund Eheschließung oder Mutterschaft.In den 1970er Jahren erfolgte die Einführung des Scheidungsrechts, die familienrechtliche Gleichstellung und das Recht auf Abtreibung, was von zahlreichen Kliniken und Ärzte aber nicht praktiziert wird. 1981 kam es zur Abschaffung der „Matrimonio riparatore“ – der Zwangseheschließung als Wiedergutmachung einer erlittenen Vergewaltigung. Der Gender Gap bei Gehältern existiert bis heute auch in Italien: Frauen erhalten 15 Prozent weniger Lohn in der Privatwirtschaft. Seit vielen Jahren gibt es zudem eine extrem niedrige Geburtenquote.

Als bedeutende Vorkämpferinnen für Frauen erwähnte die Referentin Teresa Noce, Aktivistin der italienischen Frauen-Union und Mitinitiatorin eines umfassenden Mutterschaftsrechts in Italien. Frauenrechtlerin, Schriftstellerin und Journalistin Anna Maria Mozzoni gilt als Gründerin der italienischen Frauenbewegung. Sie reichte den ersten Antrag auf ein Wahlrecht für Frauen bereits 1877 ein. Als weitere besondere Persönlichkeit stellte die Expertin unter anderem Emma Bonino vor. Die Politikerin gilt als Ikone in der Kampagne zur Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs.
Ivana Nolli-Meyers Vortrag vermittelte viele Inhalte und regte die Besucher im Pfarrzentrum zu Diskussionen an, zum Beispiel über das Thema Abtreibung und die Rolle der Kirche. Das Resümee des Abends lautete: Eine Frauenbewegung braucht immer einen langen Atem und Unterstützer. So auch in Italien.

Autor: Matthias Schaider