„Auf in den Harz!“ Der Einladung des Freundeskreises Bensheim-Riva del Garda folgten nahezu 50 Riva-Freunde. Die Fahrt in die deutsche Gegenwart und Geschichte, führte zu vielen Orten, die als UNESCO-Weltkulturerbe ausgewiesen sind, zu Bergwerken mit früher internationaler Strahlkraft, in Städte mit großartig renovierten Fachwerkhäusern und zu geologischen Besonderheiten.
Natürlich war Goethe schon hier in Clausthal-Zellerfeld und Heinrich Heine auf seiner „Harzreise“. Auch sie bewunderten die Marktkirche zum Heiligen Geist, die größte Holzkirche in Deutschland. Mit seiner blauen Fassade sticht das Bauwerk sofort ins Auge. Nicht nur Goethe machte sich mit dem Bergbau vertraut, sondern auch weit vor ihm der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz. Er beschäftigte sich um 1685 mit technischen Problemen der Oberharzer Bergwerke und hielt sich dabei häufig in Clausthal auf, sagte die Führerin im Oberharzer Bergwerkmuseum in Zellerfeld. Wichtige Erfindungen seien hier gemacht worden, so das Stahlseil, das die reparaturanfällige Eisenkette ersetzt habe, und die „Fahrkunst“, eine Aufstiegshilfe für die Bergleute. Diese Erfindungen wie auch das bedeutende Wasserwirtschaftssystem erleichterten die Erzförderung der Region und machte sie effizienter. Doch mit der Schließung der letzten Grube kam die Krise, sichtbar an den Leerständen gerade in dieser Stadt und der fehlenden Perspektive, so die tief betroffene Führerin.
Die malerische Stadt Wernigerode war Ausgangspunkt für den Besuch der Städte Goslar, Halberstadt, Quedlinburg, den Schlossgarten in Blankenburg und die Teufelsmauer bei Weddersleben. Dank der vorzüglichen Reiseleitung von Pina Kittel, der langjährigen Vorsitzenden des Freundeskreises, konnten die vielen Vorhaben zügig abgewickelt werden. Auch auf dieser Reise informierten vor Ort sachkundig Georg Drinnenberg über Geschichte und Baukunst verschiedener Epochen, Heribert Kittel über die Geologie des Harzes und seiner unterschiedlichen Gesteine.
Beeindruckt waren alle von den meist sanierten Fachwerkhäusern. Gerade in Quedlinburg und Goslar wurde den Reiseteilnehmern wieder bewusst, dass vor mehr als 800 Jahren das politische Zentrum Deutschlands der Norden war. Die Kaiserpfalz Goslar am Fuß des Rammelsbergs, einem „Weltkulturerbe-Bergwerk“, diente insbesondere den Salierkaisern als bevorzugte Aufenthaltsstätte. 23 Reichstage fanden hier statt und an die hundert Mal besuchten Könige und Kaiser Goslar, das sich später zu einer bedeutenden Hanse- und Freien Reichsstadt entwickelte. In Quedlinburg am „Finkenherd“ soll der Sage nach dem Sachsenherzog Heinrich die Königskrone angeboten worden sein. Oberhalb der mächtige romanische Dom mit dem „niedersächsischen Stützenwechsel“. Je sechs mal zwei Säulen wechseln mit einem Pfeiler ab. Die vier Pfeiler symbolisieren die Evangelisten, die zwölf Säulen die Apostel.
Ein Erlebnis auch der Dom in Halberstadt, eine im Stil der nordfranzösischen Gotik errichtete kreuzförmige Basilika, die heute als evangelische Kirche dient. Als einer der bedeutendsten Kirchenschätze der Welt präsentiert der Domschatz Halberstadt Spitzenwerke der Kunst. Darunter befinden sich die ältesten gewirkten Bildteppiche des 12. Jahrhunderts oder byzantinische Textil- und Goldschmiedewerke. Weil die Domherren die Reformation 1591 nicht vollständig einführten, sondern sich teilweise zur Beibehaltung des alten Glaubens entschieden, wirkten bis 1810 evangelische und katholische Geistliche unter einem Dach. Dies bewahrte die mittelalterlichen Kunstwerke in ungebrochener Tradition am ursprünglichen Ort ihrer Nutzung.
Auf der Heimfahrt folgte der Besuch des Zisterzienser-Klosters in Walkenried, wie so vieles hier ein Weltkulturerbe. Hervorzuheben die außerordentlich gute Präsentation der Klostergeschichte in diesem Museum. Zum Abschluss ein letzter Höhepunkt: die Barbarossahöhle nahe dem Kyffhäuser, eine von zwei „Anhydrithöhlen“ auf der Welt und die einzige Anhydrit-Schauhöhle Westeuropas.
Mancher bedauerte, dass in der Walpurgis-Nacht keinerlei Hexen zu sehen waren. Auf dem Wernigroder Marktplatz bewegten sich wenige „hexerisch“ verkleidete Jugendliche zu den Rhythmen einer Band.
Mit Dank für die gute Organisation und froh über eine gelungene Fahrt, verabschiedeten sich alle von Pina und Heribert Kittel sowie Georg Drinnenberg.
Autor: Matthias Schaider