Eine Kulturreise des deutsch-italienischen Freundeskreises im Oktober 2010

Die große Reise des Freundeskreises Bensheim – Riva 2010 nach Italien unterschied sich sehr von denen der vergangenen Jahre. Sie führte nicht in eine der großen Städte, sondern „aufs Land“, nämlich nach Nord-Latium, das etwas abseits der üblichen Touristenwege liegt. Nord-Latium ist, historisch gesehen, zunächst Urland der Etrusker.

Hier bildete sich der erste und älteste jener zwölf Städte-Bünde, die für die politische Lebensform der Etrusker so typisch sind, mit deren Zentren Cerveteri, Tarquinia und Vulci. Die Bensheimer Gruppe besuchte alle drei Städte, zuerst Cervetri mit seiner beeindruckenden Nekropole, den gewaltigen, aus dem Tuff gehauenen Rundgräbern und den wie Wohnhäuser angelegten Kammergräbern.

In Tarquinia konnte man im Museum die kostbaren griechischen Gefäße,den erlesenen Schmuck und die fein gearbeiteten Gegenständedes täglichen Gebrauchs, wie Kessel, Spiegel und Kämme, bewundern, die die Etrusker seit dem 8. Jahrhundert v. Chr. ihren Toten mit ins Grab gaben.

Überwältigend war der Eindruck, den diese Gräber selbst boten: Reiche Malereien zierten die Wände, die die Lebensfreude der Etrusker und die Pracht und Vielfalt ihrer Kultur vor Augen stellten.

Bei einem Spaziergang durch Tarquina eröffnete sich ein zweiter historisch-kultureller Faktor, der die Geschichte Nord-Latiums bestimmt hat: die Macht der Päpste beziehungsweise der großen Familien, die über lange Zeit die Päpste stellten, und deren Anspruch, diese Land als Patrimonium Petri, also als Ur-Erbe des ersten Papstes Petrus, für sich zu beanspruchen. So entstand in Nord-Latium der römische Kirchenstaat – und nicht nur mit friedlichen Mitteln. Die Namen der gefürchteten Söldner-Kardinäle Vitelleschi und Albornoz begegneten immer wieder auf dieser Reise.

In buntem Wechsel zogen sie nun die Aufmerksamkeit der Reisenden aus Bensheim auf sich, die Kleinodien des Landes: die großangelegte Villa der Farnese in Caprarola, die Villa Lante mit ihrem reich gegliederten Park und den köstlichen Wasserspielen, Besitz der Gambara und der Montalto, und schließlich der kuriose Park von Bormazo, wo der Graf Vicino Orsini die Tuff-Findlinge seines Parkes zu grotesken, oft riesenhaften Figuren umarbeiten ließ und sich seine private Mythologie erschuf.

Höhepunkt der Reise waren der Aufenthalt in Viterbo und der Besuch Orvietos. Viterbo gilt als die „Stadt der Päpste“ schlechthin; hierhin zogen sie sich immer wieder zurück, wenn die Kämpfe zwischen den Adligen in Rom zu heftig wurden. Der Charme der mittelalterlichen Stadt teilt sich unmittelbar mit. Orvieto hingegen, das schon in Umbrien liegt, besitzt mit seinem Dom und dessen unvergleichlicher Fassade eine zentrale Kostbarkeit. Die von Luca Signorelli herrlich ausgemalte „Capella si San Brizio“, die Kapelle des Bolsena-Wunders, überhaput des vollkommenen Baukörper dieses Domes begeisterte alle.

Doch auch kleinere Sehenswürdigkeiten werden in Erinnerung bleiben, so die beiden mächtigen romanischen Kirchen in Tuscania, der Rundgang durch das antike Vulci, das Erlebnis der „Holwege“ von Sovana, die stille Basilika von Sant’Elia, Sutri und sein aus Tuff herausgehauenes Amphitheater, der entspannte Nachmittag im Thermalbad „Terme dei Papi“ von Viterbo, und vor allem das liebliche Städtchen Bolsena mit seinem herrlichen See.

Was aber wäre eine Reise nach Italien, wenn die Köstlichkeiten seiner Küche fehlten? Reiseleiterin Dr. Pina Kittel hatte deshalb mit großer Umsicht für jeden Abend ein Restaurant ausfindig gemacht, in dem man die Spezialitäten der Region – besonders Bohnen, Kichererbsen, Wein und Fische aus dem Bolsenasee – ausgiebig genießen konnte.

Die Gruppe dankte dem Trio, das die Reise zum besonderen Erlebnis hatte werden lassen: Dr. Pina Kittel für die mustergültige Organisation und die Gestaltung des Programms, Georg Drinnenberg für seine vielfältigen Ausführungen über Geschichte und Kultur sowie Heribert Kittel für seine Erläuterungen zu Boden und Landschaft.

Autor: Manfred Müller